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00:00:00: Mondlandungsmoment gesucht.

00:00:06: In dieser Kolumne erzähle ich Ihnen, wie ein beinahe letaler Budgetkrach in Salzburg zum Fanal fürs ganze Land wird.

00:00:13: Warum eine große Kompetenzreform schon vom Start weg im Interessensschlamm feststeckt.

00:00:19: Und wie die türkisrot-pinkenspitzen den Karren nun wieder flott machen wollen.

00:00:25: Caroline Edstadler hatte sich ihr Startjahr als Salzburger Landeshauptfrau anders vorgestellt.

00:00:31: In den ersten Wochen wurde die von Wilfried Haslauer Anfang Jänner aus dem Hut gezauberte Nachfolgerin noch aller Orten hoffiert.

00:00:40: Im Juli vom Landtag installiert, ging es erst nur von Premiere zu Premiere, von Empfang zu Empfang, von Gala-Dinner zu Gala-Dinner bei den Salzburger Festspielen.

00:00:51: Zwischendurch machten die Amts- und Würdenträger des Landes im Chiemseehof der vornehmenden Residenz der Salzburger Landesspitze artig ihre Aufwartung.

00:01:01: Sobald der letzte Vorhang im Salzburger Festspielhaus gefallen war, ging es freilich hinter den Kulissen bald ans Eingemachte der Budgetpolitik.

00:01:09: Für die in Salzburg aufgewachsene, den Niederungen der Lokalpolitik, aber längst entwachsene, vierundvierzigjährige ist das eine bitterer Lektion.

00:01:20: Die ehemalige Verfassungs- und Europaministerin hatte bei ihren regelmäßigen Aufenthalten in Brüssel gefallen, daran gefunden, an den größeren Rädern der Politik zu treten.

00:01:30: Gemäß dem Motto, dass auch im Wiener Regierungsviertel zu Zeiten der Kanzler Kurz, Schallenberg und Neahammer noch bis vor kurzem galt, koste es, was es wolle.

00:01:40: Damit ist es auch in der Heimat von Jahrhunderts Genies wie Wolfgang Amadeus Mozart und Denkmälern ein maliger Barockerbracht endgültig vorbei.

00:01:49: In Zeiten gehenend Lehrer Kassen, in denen immer mehr Gemeinden ohne weitere Länderunterstützung Pleite anmelden müssten, hatte Caroline Edstadler ihr erstes Budget als Landeshauptfrau zu schnüren.

00:02:02: Zusätzliches Handicap, der in Budgetfragen schon unter ihrem Vorgänger gewichtige Landesrat Josef Schweiger, war Anfang Oktober aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen.

00:02:13: Zum finalen Budgetproger raffte sich der Sechzigjährige noch einmal an den Verhandlungstisch auf, erlitt danach einen Herzinfarkt und ist Mitte dieser Woche verstorben.

00:02:23: Die Caro hat sich hineingetigert, um sich perfekt für die Verhandlungen vorzubereiten.

00:02:28: Sie ist dennoch wiederholt an ihre Grenzen gestoßen und es ist spitz auf Knopf gestanden, berichtet ein teilnehmender Beobachter.

00:02:37: ÖVP intern gab es heftige Auseinandersetzungen mit Schwarzen Ortskaisern.

00:02:42: Regierungsintern macht ihr das FPÖ gegenüber das Leben schwer.

00:02:46: In einer finalen, gut zwölfstündigen Marathon-Sitzung einigten sich Schwarz-Türkis und Blau auf einen Landeshaushalt, der wie bislang kein anderes Budget im Staatsgefüge dramatisch und breit sichtbar macht, unter welchem Motto bald aller Orten Politik gemacht werden könnte, nämlich unter Blut, Schweiß und Tränen.

00:03:06: Den Pflegekräften zu Zeiten von Corona mit einem fünftzehnten Gehalt belohnt, wird dieses wieder gestrichen.

00:03:12: Ein Aus gibt es auch für Zuschüsse, für Kindergrippenplätze.

00:03:16: Ein bereits ausverhandeltes Gehaltspaket für die Salzburger Landeskliniken wird seitens des Arbeitgebers Land gekänzelt.

00:03:24: Wir können volkswirtschaftlich nicht das erwirtschaften, was wir im Sinne des Wohlfahrtsstaats bräuchten, gestand Etstadler, Kofferhandler und ÖVP-Landesrat Schweiger kurz vor seinem überraschenden Ableben offen ein.

00:03:38: Trotz dieses Kraftaktes muss Etstadler beim Budgetvollzug irgendwie noch siebenunddreißig Millionen zusammenkratzen, um die kostspielige Neuverschuldung unter die festgezurte Schuldenobergrenze von dreihundertfünfzig Millionen Euro zu drücken.

00:03:53: die von der Neo-Landeshauptfrau ausgerufenen Zitat schmerzhaften Einschnitte sind nicht nur in Salzburg erst der Anfang.

00:04:01: Für Parteifreunde und vor allem für die Koalitionspartner im Bund kam es dennoch überraschend, dass Edstadler wenige Tage nach dem beinahe letalen Budgetkrach abrupt wieder in die Offensive wechselte.

00:04:14: Im Ü-Eins-Interview schlug sie einen großen Machtabtausch vor.

00:04:18: Die Kompetenzen für Gesundheit sollen komplett in Bundeshand kommen, die Zuständigkeiten für Bildung vom Kindergarten bis zum Gymnasium allesamt in Ländern zufallen.

00:04:29: Eine Staatsreform war nie eine akademische Veranstaltung, bei der sich Verfassungsrechtler und Politiker am Reisbrett ihr ideales Modell des künftigen Miteinanders von Bund, Ländern und Gemeinden zimmern.

00:04:42: Sie steht in Zeiten von immer größeren Budgetlöchern im Zeichen zweier Kardinalfragen.

00:04:49: Wer kommt künftig für wie viele Milliarden für Schulen, Spitäler, Kranken- und Pensionskassen auf?

00:04:55: Wer schafft in der Folge auch an, wo es wie lang geht?

00:05:00: Hinter der von Edstadler entzündeten Debatte steckt aber alles andere als ein fertiger Masterplan, bedauern Insider im Regierungsviertel.

00:05:09: Das machte auch das umgehend einsetzende, höchst dissonante Meinungskonzert der Landesgewaltigen sichtbar.

00:05:17: Zuvor das Wien's Michael Ludwig deponierte sein Njet zum Etstadlerplan ungewöhnlich klar und deutlich.

00:05:24: Die vielen Träger des Wiener Gesundheitssystems haben schon immer die Zusammenarbeit schwierig gemacht, sagt ein Kenner der dschungelartigen Sozialversicherungslandschaft.

00:05:33: Die von Türkees Rot-Pink ausgerufenne Reformpartnerschaft steht sieben Monate nach Regierungsstart auf tönernen Füßen.

00:05:42: Alle bekennen sich dazu, dass wir hier bis Ende im Jahr- und Jahrzehnte etwas liefern müssen.

00:05:48: Wir sind über die Benennung der Hauptverhandler und erste Schnupperrunden aber noch nicht hinausgekommen, gesteht ein ÖVP-Regierungsinsider ein, der mit E-Stadlers Vorstoß inhaltlich durchaus sympathisiert.

00:06:03: Die Newcomer im Regierungsgeschäft geben sich noch unvertrossen, den ganz großen Wurf beim Staatsumbau zu wagen.

00:06:10: Freilich anders als zuletzt Karoline Etstadler.

00:06:14: Dieser Tage stellen die Pinken einen Leitantrag zur Vorabdebatte für die Mitte November fällige NEOs Mitgliederversammlung online, der fordert Bildung zum Bund Spitäler zu den Ländern.

00:06:27: ein großer Kompetenzabtausch, dessen Umsetzung nicht ganz uneigennützig wäre.

00:06:33: Der pinke Christoph Wiederkehr wäre so der erste Ressortschef, der nicht mit einem Titel ohne Mittel ausgestattet ist.

00:06:40: Ein Bildungsminister, der für jeden Fehler in den Schulen haftbar gemacht wird, aber vor Ort so gut wie null zu reden hat.

00:06:48: Wie auch immer ein großer Machtabtausch auch enden könnte, eine Sichtweise teilen Strategien aller drei Lager, Wir bräuchten dringend einen Mondlandungsmoment wie den EU-Beitritt Österreichs.

00:07:00: Für das vielfach beschworene, aber noch sehr diffuse Projekt Reformpartnerschaft gibt es zwar seit kurzem eine fixe Verwendungszusage.

00:07:09: Salzburgs ex-Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat nun endgültig zugesagt, für die ÖVP eines der vier Kapitel führend zu verhandeln.

00:07:18: Eine Verfassungs- und Verwaltungsbereinigung bei der Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, um unnötige Doppelgleisigkeiten und gewachsenen Bürokratie-Dschungel zu roden.

00:07:30: Dafür gibt es schon ein Bündel an Vorschlägen vor allem von Bezirkshauptleuten und von Haslauer selbst.

00:07:37: Die großen Reformbrocken Gesundheit, Bildung und Energie haren jedoch noch politischer Herkules-Ambitionen.

00:07:44: Nachdem von Caroline Etstadler angerissenen dissonanten Vorspiel, sehen sich nun zu vorderst, die Parteichefs gefordert.

00:07:52: Dieses Wochenende wollen sich Christian Stocker, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger zusammensetzen und bei diesem Mega-Projekt der Koalition das Steuerruder spät, aber doch in die Hand zu nehmen.

00:08:05: Teilnehmer der mehrmals wöchentlich tagenden Runde der Koalitionskoordinatoren spüren schon seit Wochen Sand im Getriebe.

00:08:13: Wenn es darum geht, für die Öffentlichkeit ein mehr mitreißendes Bild des großen gemeinsamen Ganzen zu zeichnen, scheitert das bisher an gegenseitige Misstrauen und ideologischen Vorbehalten, resümiert ein Regierungsinsider und fährt fort.

00:08:29: Dort, wo in Maßnahmenkatalogen Dinge abgetauscht werden und jeder vom anderen unbehelligt etwas durchbringen kann, funktioniert die Koalition weiterhin halbwegs.

00:08:40: Zuletzt hakt es freilich auch beim alltäglichen Interessenabtausch, so ein erfahrener Regierungsmann, wenn in Sparzeiten immer öfter ein Vertreter des Finanzministeriums beigezogen werden muss, endet das immer öfter lautstark, aber ergebnislos.

00:08:55: Markus Martabauers Leute pochen auch gegenüber den eigenen Ministern, eisern auf Einhaltung der Budgetdisziplin.

00:09:03: Das war's mit meiner Kolumne.

00:09:04: Bis nächste Woche.

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von und mit trend.Redaktion

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