00:00:02: Politik Backstage.
00:00:04: Österreichs Politik aus der Insiderperspektive.
00:00:08: Der wöchentliche Trend-Podcast von Josef Forzi.
00:00:12: Die beliebte Trend-Kolumne wird Ihnen von der automatisierten Stimme des Autos vorgelesen.
00:00:21: Alles Deckel oder was?
00:00:25: Roter Deckel bei Mieterhöhungen, türkis pinker Deckel bei Pensionserhöhungen.
00:00:30: Mit einem Last-Minuteal rettet sich die Dreier-Koalition in die Herbst-Saison.
00:00:35: Warum es in Sachen Wirtschaftsturbo bisher nur für Goodwill-Signale reichte, erzähle ich Ihnen in dieser Podcastfolge.
00:00:42: Außerdem wartet die nächste Riesenhürde schon.
00:00:44: Bis Jahresende braucht es neue finanzielle Daumenschrauben für die mächtigen Landesfürsten.
00:00:51: Es sind gut hundert Spitzen-Diplomaten, die sich Montag-Vormittag in den Räumen der diplomatischen Akademie eingefunden haben.
00:00:58: Einmal im Jahr treffen sich zu Ferienende alle Botschafter in Wien zu einer gemeinsamen Tagung.
00:01:05: Für die neue pinkie Spitze des Außenamts war es eine Premiere.
00:01:09: Beate Meinl Reisinger und Sepp Schellhorn nutzten die Gelegenheit, auch jenes Thema zu forcieren, dass die ganze Regierung seit Amtsantritt Nolenswolens umtreibt.
00:01:20: Wie kommt Österreich im globalen Wirtschaftswettbewerb von der Griechspur wieder auf die Überholspur?
00:01:26: Die heimischen Botschaften spielen im Zusammenspiel mit den Delegierten der Wirtschaftskammer vor Ort als Türöffner dabei eine nichtunwesentliche Rolle.
00:01:34: Dafür gab es seitens der Ressortführung nicht nur Lob, sondern auch jede Menge Wünsche und Appelle.
00:01:41: Meinle Reising erforderte entgegen einem aufrechten Parlamentsbeschluss offen grünes Licht für das neu verhandelte Merkursurabkommen.
00:01:50: Ich hoffe, dass wir als Österreich entschlossen in diese Richtung gehen.
00:01:53: Sepp Schellhorn plauderte aus dem Nähkästchen, dass die Frau Bundesministerin schon leicht genervt ist, wenn ich in fast jeder Regierungssitzung sage, jetzt geht es um alles, jetzt müssen wir liefern.
00:02:06: Wir haben nur in den nächsten fünf Jahren die Zeit dafür.
00:02:10: Während Mainl, Reisinger und Schellhorn ihre wichtigsten Außendienstmitarbeiter zu noch mehr Anstrengungen an der Exportfront zu motivieren suchten, rüsteten sich die Mitglieder der Koalitionskoordination für eine lange Verhandlungsnacht.
00:02:25: Nicht einmal zwanzig Stunden vor Start der zweitägigen Regierungsklausur zogen sich Montag ums sechzehn Uhr ÖVP, SPÖ und Pink zur finalen Verhandlung jener Maßnahmen zurück, die sie tags darauf formell beraten und in der Regierungssitzung Mittwoch Nachmittags in Form eines Ministerratsvortrags auch beschließen sollten.
00:02:46: Erst Dienstag gegen vier Uhr früh gingen die Verhandler auseinander, allen voran die Staatssekretärinnen Alexander Pröll, ÖVP und Michaela Schmidt, SPÖ sowie Neos-Chefkoordinierer Armin Hübner, zudem die Klubobleute August Wöginger, ÖVP, Philipp Kucher, SPÖ und Janik Schetti, NEOS.
00:03:08: Weitgehend auf Schiene war bereits davor ein klassisches Gegengeschäft beim Abtausch von unliebsamen Maßnahmen.
00:03:15: ÖVP-Kanzler Christian Stocker hatte seinem SPÖ-Regierungswitze Andreas Babler bereits vor gut einer Woche eine Ausweitung des Mietpreisteckels auch auf den frei verhandelbaren Neuberbereich zugestanden.
00:03:27: Sehr zum Unmut des ÖVP-Wirtschaftsflügels und der gesamten NEOS-Fraktion.
00:03:33: Im Gegenzug holte sich Stocker noch im Vorfeld seines ORF Sommergesprächs Montagabend vom Babler grünes Licht dafür, bei den Pensionserhöhungen den Rotstift anzusetzen.
00:03:44: Als Verhandlungsziel mit den Pensionistenvertretern wurde parktiert.
00:03:49: Statt der laut bisherigen Spielregeln, zwei Tausendsechsundzwanzigfälligen Erhöhung aller Pensionen, um zwei Komma sieben Prozent, soll der Aufwand für die rund zwei Millionen Ruheständler in Summe nur um zwei Prozent steigen.
00:04:05: Gesichtswahrende Lösung für die SPÖ, Gespart soll vor allem bei höheren Pensionen werden.
00:04:12: Babler kann sich so als jener präsentieren, der die Mindestpensionisten schützt.
00:04:17: ÖVP und NEOS werden diesen Deckel beim Pensionsplus nicht nur als Sparbeitrag fürs Budget, der im Idealfall bis zu einer halben Milliarde ausmacht.
00:04:27: Beiden Koalitionsparteien ist eine Rentenerhöhung klar, unter der Inflationsrate vor allem als Signal Richtung Herbstlohnrunde wichtig.
00:04:35: Die letzten besonders hohen Abschlüsse gelten neben den explodierten Energiekosten, als die größten Inflationstreiber und haben, sagen auch SPÖ Naheökonomen, zudem die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs massiv geschwächt.
00:04:51: Die Neos heften sich auf die Fahnen, dieses Tabu gebrochen und als Erste einen Pensionsabschluss deutlich unter der Inflationsrate auch öffentlich ins Spiel gebracht zu haben.
00:05:02: Bis zuletzt wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag dann noch über das Kleingedruckte im Schluss endlich zwölfseitigen Ministerratsvortrag verhandelt.
00:05:11: Etwa die Details zur geplanten Preis- und Wettbewerbskontrolle zur Eindämmung der Inflation offene Details bei der Anhebung steuerlicher Investitionsanreize oder eine Strompreiskompensation für besonders energieintensive Betriebe wie die Wöstalpine.
00:05:28: Erst die marketingerechte Addition von längst budgetierten Maßnahmen und ein paar hundert frischen Millionen machte es möglich zu proklamieren.
00:05:37: Die Regierung macht eine Milliarde als Investitionsspritze für den Wirtschaftsstandort frei.
00:05:44: Nach der dritten groß inszenierten Klausur ist vor der nächsten großen Hürde, die die Dreierkoalition zu nehmen hat.
00:05:52: Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit wurde dieser Tage ein Verhandlungspoker zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gestartet, an dessen Ende nicht einstimmig verabschiedete Absichtserklärungen, sondern harte Zahlen stehen müssen.
00:06:07: In den kommenden drei Monaten muss der sogenannte Stabilitätspakt neu verhandelt werden.
00:06:13: Ende des Jahres ist in Brüssel ein belastbares Zahlengerüst vorzulegen, das im vor dem Sommer eröffneten Defizitverfahren eine zentrale Rolle spielt.
00:06:22: Denn die von türkisgrün kaschierte Schuldenexplosion hat mehrere Väter.
00:06:27: Auch von Ländern und Gemeinden wurde nach dem Motto, koste es, was es wolle, mehr Steuergeld denn je ausgegeben.
00:06:35: Nicht nur der Bund, sondern auch Länder und Gemeinden müssen nun so die EU-Vorgaben nachvollziehbar glaubwürdig auf die Ausgabenbremse steigen.
00:06:45: Dieser innerösterreichische Stabilitätspakt regelt die Einhaltung von finanzpolitischen Zielen, insbesondere in Bezug auf Haushaltsdefizite und Schuldenstände zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.
00:06:59: Er soll sicherstellen, dass Österreich seine Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union einhält.
00:07:05: Was sich kalt technokratisch anhört, kann nicht nur in den kommenden Wochen zum heißen Konfliktstoff zwischen der Dreierkoalition, Länderführsten und den obersten Vertretern der Ortskreise des Landes werden.
00:07:19: Die regierungsintern STABI-Pakt, gerufenen neuen finanziellen Daumenschrauben für Länder und Gemeinden, haben SPÖ-Finanzminister Markus Martabauer, seine ÖVP-Staatsekretärin, Barbara Eibinger Miedl und Neos Staatssekretär Sepp Schellhorn zu verhandeln.
00:07:36: Das stärkste Druckmittel liegt freilich nicht in den Händen der unmittelbar Beteiligten, sondern in Brüssel.
00:07:43: Wenn beim Stabipakt nichts weitergeht, dann kommt eine EU-Treuiker und geht euch an den Kragen, formuliert ein Regierungsmann.
00:07:51: Sprich, dann nominiert Brüssel ein Konsortium aus EU-Kommission Europäischer Zentralbank und internationalem Währungsfonds, das vor Ort die öffentlichen Kassen auf Herz und Nieren durchleuchtet und eine Spartherapie verordnet.
00:08:06: Das bleibt auf Sicht nur eine Drohkulisse, da der Stabipaktpoker gerade erst eröffnet ist und die Verhandler einander derzeit eher Komplimente machen, statt in den Konflikt zu gehen.
00:08:17: Neos Staatssekretär Schellhorn, der selten durch übertriebene Freundlichkeiten auffällt, gerät etwa im kleinen Kreis ins Schwärmen, wenn die Rede auf den Chef des Gemeinde Bunz Johannes Bresl kommt.
00:08:30: Er ist ein Gewinn für die Verhandlungen, weil so auch Druck von unten entsteht.
00:08:35: Bresl will nicht noch mehr Ausgleichsgemeinden, sprich Gemeinden, die zahlungsunfähig sind und sich nur mit Zuschüssen der jeweiligen Landesregierung über Wasser halten können.
00:08:45: Was Schellhorren hinter den Kulissen diesen besonders lob preisen lässt.
00:08:49: Prestl ist nicht nur als Sprecher der nach wie vor Tonangebenden ÖVP-Bürgermeister im Gemeindebund Partei intern ein gewichtiger Faktor.
00:08:58: Er ist als schwarzes Urgestein auch in der nach wie vor gewichtigsten ÖVP-Landespartei Niederösterreich massiv verankert.
00:09:07: Der Zeitdruck wird freilich zunehmend weniger Gelegenheiten für Komplimente lassen.
00:09:11: Parallel zu den Verhandlungen über den neuen STABI-Pakt sollen in den kommenden Wochen auch die geplanten Gespräche über eine neue Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in die Gänge kommen.
00:09:23: Die Verhandler geben sich dafür aufgrund der Komplexität der Materie und Interessen bis Ende des Jahres.
00:09:32: Der neue Stabilitätspakt muss aber spätestens zu Jahresende in Brüssel abgeliefert werden.
00:09:38: Wir müssen daher leider das Pferd von hinten aufzäumen und die weniger werdenden Mittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden schon jetzt neu aufteilen.
00:09:48: So ein Regierungsinsider über einen unabänderlichen Schönheitsfehler.
00:09:53: Besser wäre es gewesen, erst über eine Aufgabenreform und dann über die Geldverteilung zu entscheiden.
00:10:00: Einen weiteren Deckel wie bei Mieten und Pensionen drüberzustülpen wird aber Davidort nicht ausreichen, um das Ergebnis als Erfolg der Regierung zu verkaufen.
00:10:09: Das war's mit meiner Kolumne.
00:10:11: Bis zum nächsten Mal.
00:10:14: Das war Politik Backstage.
00:10:17: Vielen Dank fürs Zuhören.
00:10:19: Bis zur nächsten Ausgabe.